RÜCKENSCHULE / WIRBELSÄULENGYMNASTIK
Die Wirbelsäule, als das zentrale Stützorgen des menschlichen Organismus, ist durch Beruf, Alltag und Freizeitaktivitäten einer ständig wechselnden Belastung ausgesetzt. Die Verschleißerscheinungen durch einseitige hohe und unzweckmäßige Krafteinwirkungen, aber auch durch Abbau im Alterungsprozeß führen oft zu Schmerzen, Erkrankungen, Arbeitsausfällen und nicht zuletzt zu Arbeitsunfähigkeit und Invalidität.

Der volkswirtschaftliche Schaden durch Erkrankungen des Skeletts, der Muskulatur und des Bindegewebes wird jährlich auf 25 Milliarden Euro beziffert.

Die Notwendigkeit, mit dem eigenen Rücken mehr gesundheitsorientiert und prophylaktisch zu leben, wird zu wenig erkannt. Verhaltensregeln werden in ihrer Wichtigkeit unterschätzt oder sind nicht bekannt. Die meisten Menschen haben verlernt, den eigenen Körper innerlich zu sehen und zu erkennen. Viele Tätigkeiten, wie das Aufheben von Gegenständen, das Tragen von Gewichten, das Aufstehen und Hinsetzen, das Hinlegen, verschiedene Arbeiten im Haushalt usw. sind mit besonderen Hebel- und/oder Stoßbelastungen der Wirbelsäule verbunden. Das richtige Verhalten während all dieser Tätigkeiten muß immer wieder geübt werden.

Die Rückenschule, mit funktionellen Kräftigungsübungen, Koordinationsübungen und Körpererfahrung hilft, Fehlbelastungen vorzubeugen und den Rücken "gerecht" zu behandeln.

Haben Sie Fragen zur Rückenschule und Wirbelsäulengymnastik oder möchten Sie in Ihrer Firma im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung einen "Rückenschulkurs" organisieren, dann wenden Sie sich vertrauensvoll an die e-mail-Adresse.

Übungs- und Verhaltenshinweise

Bei jedem Training ist es wichtig, die Übungsauswahl den persönlichen Voraussetzungen vorzunehmen. Einfache Grundregeln helfen hier dabei:

  • von leichten zu schwereren Übungen
  • von einfachen zu komplexen Bewegungen
  • von bekannten zu unbekannten Übungen

Bei der Rückenschule bzw. der Wirbelsäulengymnastik sind folgende Schwerpunkte inhaltlich umzusetzen:

1. Kraft- bzw. Muskeltraining

Die gesundheitliche Gewichtigkeit eines Muskeltrainings wird dadurch deutlich, dass

  1. unsere Skelettmuskulatur das massigste Körperorgan, der Effektor von Haltung und Bewegung, ein bedeutsames Stoffwechselorgan, Muskelpumpe und Produzent der Körperwärme ist
  2. im muskulären Entwicklungsverlauf mit zunehmenden Alter die Muskelmasse, die Muskelkraft und die Muskelkraftausdauer um etwa ein Drittel abnimmt und
  3. eine ausgewogene, reizwirksame Stimulierung der Gesamtkörpermuskulatur ohne Muskeltraining nicht kompensiert werden kann.
  4. Folgende Muskulaturen bzw. Muskelgruppen sollen bei der Kräftigung in der Rückenschule und Wirbelsäulengymnastik besondere Beachtung finden:
  • aufrechte Haltung: Mm. Biceps femoris, Glutaeus max./med.
  • beim Heben und Tragen: die geamte Extensorengruppe der Beine (Mm. Gastrocnemius, Quadrizeps, ischiocrurale Gruppe, Glutealmuskulatur) und die Extensoren der Wirbelsäule (M. errector spinae)

Eine untergeordnete Rolle spielt, entgegen den weitläufigen Auffassungen und Kenntnissen, der M. rectus abdominis (gerade Bauchmuskel). Bei Kontrolluntersuchungen von Patienten mit Wirbelsäulenbeschwerden wurde festgestellt, dass im Vergleich mit gesunden Probanden die Bauchmuskulatur in beiden Gruppen etwa gleich stark ist, jedoch die Rückenmuskulatur große Kraftunterschiede aufweist.

2. Koordinationsübungen

Koordinationsübungen zielen auf ein verbessertes Zusammenwirken von Zentralnervensystem und Bewegungsapparat. Es ist wichtig, mit seinem eigenen Körper richtig umgehen zu können. Auf Haltungsveränderungen müssen wir reagieren können. Eine gute Koordination ermöglicht erst die Umsetzung von Kraft in Bewegung oder Stabilisation. Diese Fähigkeiten beschreiben das Vermögen, Übungen bzw. Bewegungen relativ schnell zu erlernen und in den verschiedensten Situationen sicher und ökonomisch zu reagieren, ohne dabei die Gelenkstabilität und Körperbalance zu verlieren.

Übungsbeispiele dazu können sein: bekannte Übungen durch Veränderung der Ausgangsstellung durchführen

  • beidbeinig - einbeinig
  • offene - geschlossene Augen
  • stabile - labile Unterlage
  • Verkleinerung der Unterstützungsfläche
  • Veränderung des Bewegungstempos

3. Körperwahrnehmung

Im Rahmen der Koordination spielt auch die Körperwahrnehmung eine wichtige Rolle.

In unserer Muskulatur, den Gelenken und den Sehnen befinden sich "Meßfühler", sogenannte Sensoren. Von diesen Sensoren werden die Informationen z.Bsp. über den Spannungszustand über sensorische Nerven und das Rückenmark an das Gehirn weitergeleitet. So erhält das Zentrale Nervensystem ständig einen Zustandsbericht über die aktuelle Haltung einzelner Körperteile bzw. des gesamten Körpers. Der Mensch muß in der Lage sein, seine Körperhaltung richtig beschreiben zu können, ohne dabei in einen Spiegel sehen zu müssen.

Einfache Übungsaufgaben sind:

  • in der Rückenlage oder auch anderen Positionen in Ruhe und konzentriert erfühlen, wo der Körper z.Bsp. Bodenkontakt hat
  • wie ist bei verschiedenen Muskeln die Spannung
  • verspürt man Schmerzen
  • oder ähnliche Aufgaben stellen
Der Bundesverband der deutschen Rückenschule (BdR) e.V. empfiehlt:

"Goldene" Rückenweisheiten

  1. Bewegen Sie sich oft und vielfältig. Machen Sie Pausen für die Bewegung
  2. Sitzen Sie so wenig wie möglich. Wenn, dann aufrecht und beweglich. Wechseln Sie öfter die Sitzposition. Benutzen Sie Armlehnen, Nackenrolle und Kissen im Kreuz
  3. Prüfen Sie immer wieder, ob Sie gerade aufrecht stehen oder sitzen
  4. Halten Sie Ihren Rücken mit einer täglichen Gymnastik kräftig und stabil
  5. Heben Sie mit Bedacht und heben Sie schwere Gegenstände nur, wenn Ihr Rücken für die Belastung trainiert ist. Heben und tragen Sie Gegenstände möglichst nah am Körper, verteilen Sie die Lasten auf beide Arme
  6. Entlasten Sie Ihren Körper auch mal zwischendurch, denn nur liegend bekommen Sie die nötige Erholung, dazu Nackenrolle und Rolle unter den Kniegelenken
  7. Trainieren Sie täglich Ihre Muskeln
  8. Vermeiden Sie häufiges Bücken, Kälte, Zugluft und immer gleiche Bewegungsabläufe. Betreiben Sie Ausgleichsgymnstik - Dehnung, Lockerung
  9. Bereiten Sie sich mit geeigneten Übungen rechtzeitig auf zu erwartende rückenbelastende Tätigkeiten vor, z.Bsp. beim Schneeschaufeln, Gartenarbeit u.a.m.
  10. Gestalten Sie Arbeitsplatz und Haushalt rückenfreundlich (richtige Arbeitshöhe u.a.)
  11. Stehen Sie nicht längere Zeit mit durchgedrückten Kniegelenken; an einer Wand oder vom Türrahmen bekommt man genug "Rückenhalt"
  12. Benutzen Sie Gehirn, Arme und Beine und schonen Sie Ihren Rücken
  13. Für die Rückenschule ist es nie zu früh und nie zu spät
Rückengerechtes Heben
richtig
falsch